Mittwoch, 26. Dezember 2012

Wellington, Weihnachten und Warten...


Wir nahmen den Surfhighway 45, der uns einmal um den Mount Egmont führte, bevor wir das Taranaki-Gebiet verließen und seinem schlummernden doch bedrohlichen Vulkan den Rücken kehrten.

Die Weihnachtsfeiertage wollten wir in der Stadt verbringen, die uns von unzähligen Reiseführern, Neuseelands Besucherzentren und ebenso vielen Reisenden, denen wir auf unserer bisherigen Reise begegneten, als reizvolles Juwel neuseeländischer Städte- und Kulturliebhaber beschrieben wurde  – Wellington. So konnten wir es kaum noch erwarten endlich dieses nächste einladende Reiseziel zu erreichen, doch ein Zimmer hatten wir erst für den 24. gebucht, daher blieben uns noch sieben Tage Zeit, unsere recht lange Wegstrecke von runden 250 Kilometern interessant zu gestaltet. Dementsprechend teilten wir die zu fahrende Route entlang der ascheschwarzen Strände durch den südlichen Westen der Nordinsel in jeweils  gleiche Distanzen ein. Dies führte dann aber dazu (und das haben wir nicht bedacht), dass wir täglich pünktlich zum Mittag bereits das nächste gesteckte Ziel erreichten, welches aber oft keine wirklichen Tagesaktivitäten bot. 
In Foxton gab es eine alte gut restaurierte hölzerne Windmühle, die wir uns auch nicht entgehen ließen. Als wir uns im Besucherzentrum nach einer Unternehmung in der Nähe erkundigten schlug man die Hände über dem Kopf zusammen und riet 100 Kilometer weiter in den Norden zu fahren, was dann wieder dem Ort entspräche, an dem wir vor geschätzten vier Tagen starteten.
Etwas geknickt setzten wir uns vor den neuseeländischen Atlas und schöpften neuen Mut beim Entdecken des Ortes Levin als Ausgangspunkt für einige Wandermöglichkeiten durch ein kleines Reservat. Wir ließen uns eine moderate fünfstündige Wanderung empfehlen, um den Tag „ausnahmsweise“ einmal in der Natur zu verbringen. Am nächsten Tag, nachdem wir bereits dreiviertel der Wanderung und das Doppelte der veranschlagten Zeit hinter uns gebracht hatten, konnten wir sicher sein, dass die nette typische Kiwidame aus der Infostelle noch keine der von ihr vorgeschlagenen Wanderungen selber absolviert hatte. Wir beschlossen daher, demnächst keine von Informationsschalterdamen empfohlenen Wanderungen mehr durch den „kauribaum – und kiwivogellosen“ neuseeländischen Busch zu unternehmen, weil dieser dichte Wald wie schon oft umschrieben für uns meist nur im matschigen Boden und Frust endet.
Für den kurzweiligen Zeitvertreib einfach zu anstrengend!
Am Ende dieser leicht gedehnt empfundenen Woche standen wir dann im Regen vor den Toren Wellingtons. Schon wenige Meter hinter der passierten Stadtgrenze sollten wir nun erfahren, wo der Hobbit und sein Gefolge an Herr der Ringe-Figuren wirklich zu Hause sind. Nicht, wie etwa fälschlich von uns angenommen, im grünen Auenland im neuseeländischen Matamata, sondern in „the Middle of Middle Earth“. (Anzunehmen, dass wir noch mehrere Orte in Neuseeland besuchen werden, welche die wirkliche Herkunft dieser Märchengestalten für sich in Anspruch nehmen.)
Bei den ersten Erkundungen der Stadt durchschritten wir sämtliche Straßenpassagen, die im großen Stil mit Hobbit-Wimpeln behangen waren, Hochhäuser mit Filmplakaten, Restaurants, Bars, Plätze, die damit warben, wie sehr es die Schauspieler der Jackson/Tolkien Saga mochten, während der Dreharbeiten aus- und einzugehen. Von diesem ganzen Hype war nur auf dem Hobbit-Hide-Walkway im grünen Viktoria  Stadtpark nicht das Geringste zu spüren. Schließlich wurden wir von Gandalf dem Grauen in die Hobbithöhle, dem Embassy Theatre eingeladen, um in einem gewaltigen, prunkvollen, gut besuchten Kinosaal den Hobbit zu genießen. Ebenso genoss ich das Privileg die schönste Dame in ganz Wellington ausführen zu können. Auf diese Weise feierten wir, nachdem sich der klemmende Bühnenvorhang endlich geöffnet hatte,  auf den Plätzen, auf denen zur Filmpremiere die Familie McEwan (?) saß, unseren 24. Dezember und das dreistündige Spektakel.
Da wir der Weihnachtsbarbecuesause, vor der uns jede Zeltplatzwärtin und jeder Zeltplatzwart ausdrücklich warnte, meiden wollten, war es sehr schön das Auto gegen ein Hostel tauschen zu können, sodass wir entgegen aller Befürchtungen, die wir seit Aucklandhostelzeiten hegen, ein wunderbar  sauberes gemütliches Zimmer mit Blick auf Stadt und Meer hatten. Auch die Küche war exzellent, dementsprechend ist es für Paula ein Leichtes gewesen ein vortreffliches Festtagsmahl aus in Sojasoße marinierten Lachsspießen auf Broccoli, gebackenen Kumara und Avocadocreme zu zaubern. (Zum Dessert gab es Vanillejoghurt). Dabei saßen wir Zwei  zwischen all den anderen Deutschen Jugendlichen, bei den Meisten gab es Nudeln mit Tomatensoße, welche in diesem Jahr auch nicht zu Hause Weihnachten feierten.
Wellington ist eine sehr schöne Stadt. Die Wohnhäuser rund ums Zentrum sind niedliche kleine Holzhäuschen, die Innenstadt ist bunt belebt, in den Passagen tummeln sich die Fußgänger, die Straßenmusiker und da Wellington die benannte Kaffeehauptstadt ist, ist auch die rege Café-Kultur in jeder Ecke zu finden. Leider kommt in den Gassen, die eigentlich immer vielmehr große Straßen sind, keine allzu gemütliche Atmosphäre auf, wie wir sie aus Europa kennen. Wie wir schon oft erwähnten, bestehen die Innenstädte zum großen Teil aus Neubau und Einkaufszentren, nur viel zu selten findet man ein gepflegtes Gebäude aus kolonialer Zeit und wenn, dann wird es von McDonalds oder Burger King genutzt.
Auf dem Weg zu den 122 Meter hohen Kelburn Heights, zu welchen einst die findigen Wellingtonesen die bekannte rote Cable Car Strecke bauten, kamen wir auch bei den Old Government Buildings vorbei. Bei diesen wurde für uns ersichtlich, wo die ganzen Kauribäume geblieben sind, die wir auf unseren Walks durch die Urwälder Neuseelands schon häufig vermissten. Beinahe gelingt die Täuschung perfekt, das Gebäude sei aus Stein errichtet, aber im Eigentlichen ist dieser Gebäudekomplex aus dem guten Kauri Baum geschnitzt. Welchen Sinn dieser Täuschungsversuch hat bleibt für uns aber ungeklärt.
Eine Sehenswürdigkeit, die mit ihrem kostenlosen Eintritt lockte ist das 317 Millionen Dollar teure Te Papa Museum of New Zealand. Hier wurden wir mit auf eine interaktive Reise einmal quer  durch die neuseeländische Welt von Urzeit bis zur Zukunft genommen. Wir lernten warum die Vulkane blubbern, wo die ganzen Kiwivögel geblieben sind (ausgestopft in gläsernen Vitrinen), wie die Maori lebten und wie es sich anfühlt wenn man in einem Haus steht, während ein Erdbeben im Gange ist. Außerdem gab es auch einen nachempfundenen neuseeländischen Wald, für diejenigen, die noch keine Zeit für den Echten fanden.
Unser nächstes Ziel ist Picton, der Norden der Südinsel. Wir haben angenommen es sei kein Problem nach Weihnachten eine der mehrmals täglich fahrenden Fähren zu nehmen, um übersetzen zu können, jedoch ist dies erst am 31.Dezember möglich.

Wir haben eine knappe Woche Zeit…

Marten auf einem Schiffswrack am schwarzen Strand von Patea
 
Willkommen in Wellington!
Paula in weihnachtlicher Atmosphäre,
Te Papa im Hintergrund


Embassy Theatre, Gandalf lädt ein.

Paula auf dem Civic Square

Blick von den Kelburn Heights auf die Stadt

Paula freut sich beim Picknick am Hafen auf das erste deutsche Roggenbrot
(mit 75% Weizenmehlanteil)

In diesem mystischen Wald versteckte sich auch
einst Frodo vor den Ringgeistern..
 

Montag, 17. Dezember 2012

Taranaki. Ein Paradies für die Milka-Kuh


Könnt ihr euch noch an die Milka-Montelino-Pralinen erinnern? Vor etlichen Jahren gab es von Milka diese zauberhaften kleinen, spitzen Nougat-Schokoberge mit weißen Gipfeln und Knusperfüllung, die uns der Anblick des Mount Taranaki zurück ins Gedächtnis gerufen hat. Schade, dass es sie jetzt nicht mehr gibt.

Den Mount Taranaki aber gibt es sehr wohl, auch wenn er fast aussieht, wie in die Landschaft hineingemalt, wie eine gemalte Milka-Praline, die über Farmländereien, Städten und tropischen Wäldern thront. Hier sind wir nun also im Taranaki National Park und staunen jedes Mal aufs Neue, wenn die Wolken den Blick auf den nahezu perfekt kegelförmigen Berg freigeben.
Der Mount Taranaki wurde von James Cook zunächst als Mount Egmont bezeichnet, später aber wieder auf den Maori-Namen Taranaki zurückgetauft. Er ist ein 2518m hoher schlafender Vulkan, das bedeutet, ein Ausbruch wäre jederzeit möglich, der letzte fand jedoch vor 250 Jahren statt.
Wir wollten uns den prächtigen Berg unbedingt aus der Nähe ansehen, weshalb wir uns eine Wanderung zur 1900m hohen Fanthams-Peak, einer Vulkanspitze, die aus dem eigentlichen Mount Taranaki hinauswächst, vornahmen.
Guter Dinge schnürten wir uns morgens bei sonnigem Wetter die Wanderschuhe und stellten ziemlich bald fest, dass 1000 Höhenmeter auf einer Strecke von 5 Kilometern ganz schön anstrengend werden können. Uns fiel aber auch auf WIE ähnlich sich der Mount Taranaki und Milka Montelino wirklich sind:
Unsere Wanderung führte uns auf steilen Treppen zuerst durch dichten neuseeländischen Urwald mit feuchtem, nougatähnlichem Boden. Mit steigender Höhe nahm natürlich auch die Vegetation ab und aus dem dunklen Boden wurde vulkanisches Schlackegestein, das unter unseren Füßen herumknusperte und in dem es sehr schwierig war, überhaupt Halt zu finden. Nicht zu vergessen natürlich die Bergspitze aus vereister weißer Schokolade, die wir hinter dichten Wolken ein paar Mal erahnen konnten.
Leider  mussten wir unsere Tour kurz vor der Fanthams Peak abbrechen, weil in dem Geröll aus Schlackegestein einfach kein Vorwärtskommen mehr war. Mit jedem Schritt bergauf rutschten wir einen halben wieder bergab. Zudem fing es dort mitten in einer Wolke ziemlich heftig an zu regnen und auch das war uns nicht so ganz geheuer.
Nach unserer Wanderung konnten wir mal wieder ein paar skurrile neuseeländische Campingplatzerfahrungen sammeln. Der Campingplatz von Stratford, dem Tor zum Taranaki National Park, wurde von einer niedlichen englischen Omi betrieben, die gewissenhaft dafür sorgte, dass jede
Ecke ihres Platzes mit niedlichen Katzenmotivtassen, einer Nachttopfsammlung, Blümchen und rosa Farbe dekoriert war. So tranken wir unseren Tee zwischen putzigen, rosa Bungalows und fühlten uns auch ganz fein englisch, wären da nicht die dauerhaften Campingplatzbewohner gewesen…
Uns ist aufgefallen, dass viele Neuseeländer ihren Hauptwohnsitz auf einem Campingplatz zu haben scheinen. Sie leben dann meist in Bungalows, an die ein Wohnwagen angebaut ist. Viel unkomfortabler  als ein typisches neuseeländisches Fertighaus ist das bestimmt (bezüglich des Platzes und der Isolierung) nicht. Aber diese Dauercamper sind meist etwas komische Gestalten.
So beherbergte die niedliche Katzenomi einen gruseligen Clan, bestehend aus einem dicken, tätowierten, alten Mann, der  nur in Lederjacke bekleidet laut schimpfend mit seinem Hund Gassi ging, sowie einigen jüngeren Menschen, denen die Zigarette nur beim schaurig klingenden Husten und Röcheln aus dem Mund glitt… Da ist man dann doch ganz froh, wenn man sein Auto nachts auch von innen abschließen kann.

Auf dem nächsten Campingplatz aber, in New Plymouth, wurden wir von den Dauercampern eher belustigt als beängstigt. Dort wo in Stratford zerschlissene Vorhänge die Wohnwagenfenster zierten, waren es hier blinkende Rentiere und Weihnachtsbäume. Im Dunkeln hatten wir die perfekte Sicht auf eine wunderbar verkitschte, blinkende Weihnachtscampingstraße. Auch aufblasbare Schneemänner und Weihnachtsmannpuppen durften auf dem Platz nicht fehlen. Man kann schon sagen, dass die Neuseeländer sehr leidenschaftlich campen!

New Plymouth ist eine Stadt, die für eine neuseeländische ganz nett ist. Das Zentrum besteht auch hier aus einer sehr langen Einkaufsstraße mit den immer wieder gleichen Fassaden und Vordächern, die uns immer wieder an verlassene Westernstädte erinnern. Drumherum findet man dann nur noch Fastfood-Ketten, verschiedenste Kirchen und Parks und pünktlich um 17 Uhr werden alle Bürgersteige hochgeklappt. New Plymouth hat aber auch einen sehr schönen Coastal Walkway und natürlich den unbezahlbaren Blick auf den Mount Taranaki (bei gutem Wetter…).
Hier durften wir noch ein bisschen mehr vom Kiwi-Weihnachten miterleben. Das alljährliche „New Plymouth – Festival of Lights“ feierte am Sonntag seine Eröffnung, bei der wir so viele Menschen auf einem Haufen sahen wie schon seit Langem nicht, so viele wie wahrscheinlich noch nie auf unserer Reise! Auf einer großen Open-Air-Bühne schmetterten ein Weihnachtsmann und seine Helfer ein paar deutsche Arien und englische Weihnachtslieder, begleitet wurde das Ganze von einem kleinen Blasorchester. Uns erinnerte die Vorführung sehr an unser Schulweihnachtskonzert, doch die Kiwis feierten ihre Bühnenhelden ganz euphorisch und es entstand wirklich so etwas Ähnliches wie eine Weihnachtsstimmung im Pukekura Park. So lange es noch hell war, konnten wir die bunten Elfen- und Wichtelkostüme der Zuschauer bewundern, sobald es dunkel wurde sah man nur noch ein schönes Lichtermeer aus mitgebrachten Kerzen vor der Bühne. Höhepunkt der Veranstaltung war ein Feuerwerk. Mit vielen „Oohs“ und „Aahs“ staunten ein paar tausend große und kleine Hobbits über das Werk Gandalfs. Doch das war erst das Startsignal für das eigentliche Lichterfest.
Nach der Show wandelten wir durch einen romantischen Park mit tollen Lichtinstallationen… So entstanden im dunklen Park schimmernde Feenwiesen, sich im Wasser spiegelnde, leuchtende Quallen und eine Brücke mit leuchtendem Sternenhimmel. Dieses Lichterfest war ein bisschen wie das im Wiesenburger Park, nur noch etwas größer aufgezogen.
Nun haben wir auch in Neuseeland endlich ein bisschen Kultur gefunden, die uns gefällt.

Ein Pfad schlängelte sich durch dichtes Gebüsch hinauf zur versteckten Spitze des Mount Taranaki
 

Nach einer Stunde Treppensteigen sichtlich angestrengt und etwas erschöpft

Vulkangestein und das, was der Mount Taranaki an dem Tag von sich preisgeben wollte
 

Zu Besuch bei den Weihnachtscampern

Marten am Coastal Walkway

Milka Montelino thront über New Plymouth

Endlose Leere in New Plymouth nach 17 Uhr

Lichtinstallation im Pukekura Park, im Hintergrund kann man die Spitze des Mount Taranaki erahnen...

Ein weihnachtliches Lichtermeer

Marten beim Festival of Lights I

Marten beim Festival of Lights II

Ein letzter Blick auf den Mount Taranaki. Dort wo der rote Pfeil hinzeigt waren wir (fast).


Montag, 10. Dezember 2012

"Morgen, Kinder, wird's was geben,...

 ... morgen werden wir uns freuen!“ Am Vorabend des Nikolaustages haben wir das schöne Weihnachtsliedchen zwar vor uns hingesungen, aber wohl nicht genug zu Herzen genommen und vergessen, unsere Schuhe zu putzen.
Zur Strafe hat der Nikolaus uns dann auch wirklich nichts gebracht, dafür hatte aber unser Weinberg-Manager eine nette, kleine Überraschung für uns: Die Kündigung.
Schon in den vorherigen zwei Wochen hätten wir es eigentlich ahnen müssen, denn wir wurden mit immer unsinnigeren Aufgaben beschäftigt, die sich unser netter Manager immer wieder neu ausdachte, nur damit wir noch ein paar Tage länger arbeiten konnten: Querwachsende Weintriebe auseinanderfädeln, seitliche Triebe abpflücken und das Zählen von Trieben und Früchten...
Während unsere Kollegen in diesen Aufgaben ihre wahre Erfüllung entdecken konnten, spürten wir, wie unsere Gehirnmasse immer mehr dahinschmolz, so wie die Marshmallows, die wir hier gerade beim Blogschreiben in Tee auflösen (lecker!). So kam die Nachricht des Managers, dass nun endgültig alle Arbeit getan sei und die Pflanzen nun nur noch Zeit und das richtige Wetter zum Blühen bräuchten, zwar etwas unverhofft, aber eigentlich doch sehr gelegen für uns.
Denn nun haben wir Waipawa statt nach geplanten 7 schon nach 5 Wochen Arbeit am Weinberg endlich hinter uns gelassen und können jetzt weiter durchs Land reisen.
Der Abschied von Waipawa fiel uns überhaupt nicht schwer. Es ist wahrscheinlich auch nicht gerade leicht, das Städtchen, dessen Schrottplatz größer ist als das Stadtzentrum, in sein Herz zu schließen.
Trotz des fehlenden Charmes haben wir in den letzten Wochen dort noch ein bisschen was erleben können, wovon ich auch noch kurz berichten möchte.
Unser Campingplatz wurde mittlerweile nicht mehr von unserem Arbeitsteam (bestehend aus dem Inder, den Franzosen und uns) beherrscht, sondern von einer Gruppe lauter, deutscher Orks besetzt, die in Waipawa ebenfalls ihr Lager zum Arbeiten aufgeschlagen hatten und ihren Platz mit Essensresten und grölenden Lauten markieren mussten. Die Franzosen hatten sie auf diese Art sofort aus der Küche vertrieben und auch wir müssen zugeben, dass wir an den Wochenenden lieber flüchteten, als die Gesellschaft mit den anderen Deutschen zu teilen.
So besichtigten wir beispielsweise den längsten Ortsnamen Neuseelands (und angeblich auch der ganzen Welt, obwohl ich da glaube ich schon mal etwas anderes gehört habe..):
Taumatawhakatangihangakoauauotamateaturipukakapikimaungahoronukupokaiwhenuakitanatahu
Das ist eigentlich ein Berg, der sich aber anscheinend auf Privatgelände befindet und dessen Anblick der Öffentlichkeit also verwehrt wird. Was der Öffentlichkeit aber zugänglich ist, ist das Namensschild, das mit einem hübschen Clipart versehen ist und zeigt, wie der Berg in etwa aussehen könnte. 
Wenn ich mal ein Haus mit einem Garten habe, dann schaufle ich einen Sandhaufen zusammen und nenne ihn Dersandhaufendenpaulazumbergerkorenhatnachdemsieihnaussandgebauthatundindenihrekatzehoffentlichkeinhäufchensetzenwird.
Das kommt dann der Bedeutung des Namens Taumatawhakatangihangakoauauotamateaturipukakapikimaungahoronukupokaiwhenuakitanatahu
recht nahe und dürfte dann wirklich der „longest place name of the world“ sein.  Und ich glaube auch, dass einige Sehenswürdigkeiten hier(vor allem der neuseeländischen Städte) so entstanden sind.
Etwas, das wiederum wirklich völlig neuartig für uns war, haben wir letzten Samstagmorgen als Wecker erlebt. Wir dürfen uns nun stolze Überlebende eines Erdbebens nennen!
Gegen halb neun am Morgen wurden wir von einem eigenartigen Wackeln oder Vibrieren des Autos geweckt. Wir verdächtigten zuerst den Hund des Campingplatzwarts oder einen komischen Windstoß (Erst vor ein paar Tagen gab es in Auckland übrigens einen Tornado!). Doch in der Küche wurden wir von einem älteren neuseeländischen Herrn gefragt, ob wir das Erdbeben auch mitbekommen hätten. Hatten wir also! Und auch in den Nachrichten des Tages wurde von einem Erdbeben in Japan berichtet, dass sich auch auf Neuseelands Nordinsel noch mit einer Stärke von 5,86 bemerkbar gemacht habe.
Solche Naturereignisse sind für Neuseeländer längst nichts Besonderes mehr, doch wenn der Supermarkt in Waipawa eine Weihnachtsparty mit kostenlosen Probierhäppchen und Give Aways ankündigt, dann sind alle ganz aus dem Häuschen und der ganze Ort versammelt sich im Supermarkt. Da durften natürlich auch wir beide nicht fehlen. Wir dehnten an diesem Tag unseren sowieso schon lange dauernden Supermarktbesuch noch ein bisschen mehr aus als sonst und zogen so oft wie noch nie durch die Reihen, um leckere Christmas Fruit Cake-Häppchen von den lustig verkleideten Verkäufern zu ergattern, während der Supermarkt mit dem Lied beschallt wurde, das auch hier nicht zu Weihnachten fehlen darf: Last Christmas, natürlich.
Doch diese Supermarktfeier ist eigentlich schon das Maximale, was aus dem neuseeländischen Weihnachtsfest an Gemütlichkeit herauszuholen ist. Der Versuch, das Amerikanische Weihnachten durch blinkende Lichter und Kunstschnee nachzuahmen, wirkt fast ein bisschen zwanghaft, da hier nun einmal gerade der Sommer beginnt und die meisten Kiwis auch lieber weißen Sand als weißen Schnee sehen möchten.  Weihnachten wird hier also, wenn, dann nur sehr kommerziell gefeiert.
Trotzdem versuchen wir, uns ein bisschen weihnachtliche Gemütlichkeit nach unserer Vorstellung herbeizuzaubern, in dem ich schon Plätzchen gebacken habe, wir jeden Tag ein Türchen im vor sich hin schmelzenden Schokoadventskalender öffnen und auch jeden Adventssonntag ein weiteres Lichtlein zum Brennen bringen..
Wir freuen uns, dass wir die letzten zwei Adventssonntage noch an spannenderen Stellen Neuseelands und nicht in Waipawa verbringen werden.
Um das ungehindert tun zu können, mussten wir heute noch eine kleine bürokratische Sache in Palmerston North klären. Versehentlich hatte Marten bei unserer Einreise einen falschen Stempel in seinen Reisepass bekommen, der aussagte, dass sein Visum am 8. Januar abliefe. Nachdem er nun eine bedrohliche Email der Einwanderungsbehörde bekommen hatte, die ihm riet pünktlich auszureisen, mussten wir diesen Fehler also heute aufklären und den falschen Stempel durch einen korrekten Aufkleber ersetzen. Nun steht auch den nächsten vier Monaten unserer Reise hoffentlich nichts Bürokratisches mehr im Weg!
Unsere geplante Reiseroute haben wir jetzt ein bisschen geändert. Statt wie vorerst gedacht direkt von Waipawa aus nach Wellington und dann auf die Südinsel zu fahren, machen wir nun doch noch einmal einen kleinen Schlenker nach Nordwesten und wollen die unverhofft gewonnenen 2 Wochen dazu nutzen, zum Mt Egmont zu fahren.
Wo und wie wir Weihnachten verbringen wollen, das wissen wir aber noch nicht…
 
´Napier mit Weihnachtsschmuck und Palmen
 

Am Namensschild des Longest Place Name" (der eigentliche Berg ist natürlich nicht zu sehen...)

Paula in der Weihnachtsbäckerei

Marten genießt den ersten Advent

Ein trauriger Blick von Baxter, dem Campingplatzhund, bei unserer Abfahrt aus Waipawa.
Diese Trauerstimmung konnten wir mit ihm aber nicht teilen.

Freitag, 23. November 2012

Wenig gereist und doch viel erlebt..


Tagtäglich verrichten wir unseren Job als Shoot Thinner vor atemberaubender Kulisse. Der Blick schweift dabei über saftig grüne, weite Weiden, schneeweiße Schafe, brunftende Bullen, welche sehnsüchtig zu den auf der anderen Koppel stehenden Milchkühen stieren. Dabei haben wir mehr als ausreichend Zeit, Luftschlösser zu bauen und uns den wichtigsten Fragen des Lebens zu widmen.
„Warum gibt es hier eigentlich keinen Quark zu kaufen?“
Denn genau den braucht man ja unbedingt, um einen Schokoladen-Quark-Geburtstagskuchen zu backen!
Da wir jetzt aber im englischsprachigen Raum sind, haben wir einfach das Rezept ins Englische übersetzt und einen Double-Chocolate-CHEESEcake daraus gemacht.
So wurde also aus dem Quark ein leicht gesalzener neuseeländischer Frischkäse und aus Paulas Kuchen überraschenderweise trotzdem ein interessanter Hochgenuss, entstanden in der Waipawanesischen Campingplatzgemeinschaftsküche.
In der Frühstückspause bei der Arbeit haben die Franzosen sogar kurz ihre Zigaretten beiseitegelegt und unser indischer Kollege sein Morgen-Curry kalt werden lassen, um unsere „German-Special-Creation“ zu probieren. Der vermeintlich bescheidene Weingut-Manager traute sich erst (unbemerkt und klammheimlich), ein zweites Stück zu nehmen, als wir schon wieder fleißig am Weinberg standen, spendierte uns in der Mittagspause dafür aber eine kleine Weinprobe.
Hier in Neuseeland läuft das Leben meist beschaulich und unkompliziert, so müssen sich auch selten übermäßig viele organisatorische Gedanken gemacht werden, wie zum über Beispiel eine Tischreservierung, wenn man zu einem besonderen Anlass Essen gehen möchte. Vielmehr ist man ohnehin der einzige Gast in einem Restaurant…
So verbrachten auch wir meinen Geburtstagsabend in trauter Zweisamkeit in der netten Pizzeria von Waipawa.
Zunächst hatten wir vor, ins Provinzkino im Nachbarort zu gehen, aber der einzige Film der lief war ein Mitschnitt mehrerer aneinandergereihter, tollkühner Stunts. Da wir aber mittlerweile fast jeden Sonntag eine Stuntshow, bestehend aus den Quad- und  Motorradfahrenden KiwiKids, live miterleben dürfen (und ohnehin eine gewisse Voreingenommenheit gegenüber dem Motorradfahren besteht…), scheuten „wir“ vor diesem Film zurück und verschoben den Kinobesuch auf das Wochenende.
Also sahen wir im Kino von Napier einen Actionfilm, der aber sicherlich nicht wesentlich mehr Inhalt bot als der oben umschriebene Film.
An das Belziger Extrafilm-Erlebnis kommt der Kinobesuch hier natürlich nicht heran. Trotzdem war es schön, nach ein paar Monaten mal wieder ein bisschen Kinoluft zu schnuppern und dazu salziges Popcorn zu knabbern.  

Nachdem wir auf dem Rückweg den nächtlichen Highway und auch einige bereits schlafende Opossums überquerten, hatten wir zum ersten Mal Schwierigkeiten, noch einen freien Platz auf unserem ungewöhnlich zugeparkten Campingplatz zu ergattern.
Nun lernten wir also die potenziellen Eltern der KiwiKids kennen, die es sich zur sonntäglichen Beschäftigung machten, mit ihren umgebauten Geländewagen das Waipawa Hinterland unsicher zu machen.

Wir zählten vier Geländewage mit jeweils einem Anhänger auf dem ein weiterer Geländewagen transportiert wurde, hörten den Lärm von 20 Männern und waren verwundert als wir die lediglich drei dahintersteckenden 40-jährigen Hitzköpfe beim gemeinsamen Frühstück kennenlernten…Diese meinten jedoch sie wären gestern noch vier gewesen, aber einer musste vom Rettungshubschrauber abgeholt werden… „But it’s still fun!“, schwärmten sie.

 Obwohl die Straßen und auch die Läden bereits weihnachtlich geschmückt sind, kommt bei uns eigentlich noch keine sonderlich große Weihnachtsstimmung auf.
Es ist komisch, dass die Tage in Deutschland gerade immer kürzer werden und es wahrscheinlich schon um 5 Uhr Nachmittags dunkel wird, da wir hier mittlerweile schon bis 9 Uhr den Abend draußen verbringen können. Die Nächte sind deutlich milder, als noch vor wenigen Tagen und die Sonne schafft es bereits am Vormittag, ungeschützte Haut zu verbrennen. Dies wird aber sicherlich durch das riesige Ozonloch über Neuseeland verstärkt. Zum Glück ist die Sonnencreme bei unserer Arbeit inklusive!
Nun schwächt auch langsam die vorerst noch so große Euphorie ab, endlich einen Job gefunden zu haben, sodass wir uns mittlerweile beim Arbeiten nicht mehr über das Wetter beschweren, sondern über die Arbeit an sich.
Nach zwei Wochen fällt es schon schwerer, sich fürs frühe Aufstehen und die ständig wiederholenden Arbeitsabläufe zu motivieren. Wir freuen uns auf die nächsten Tätigkeiten, die wir hoffentlich bald lernen...Doch möchten wir uns gar nicht beschweren, das Team ist wunderbar angenehm, das Arbeitsklima entsprechend mediterran bis tropisch.
 Ebenso der Winzer, welcher uns des Öfteren mit Wein versorgt, der von den täglichen Weinverkostungen übrig bleibt. So kommt es auch schon einmal vor, dass unser französischer Mitstreiter sein gewöhnlich frühes Zubettgehen in den späteren Abend verschiebt, um sicher stellen zu können, dass auch wirklich der gesamte edle Trunk akribisch und restlos definiert wurde.

Auch die Winzerin ist sehr an unserem Wohlergehen interessiert. Fast täglich werden wir weltfremden Europäer mit liebevoll zusammengestellten Rezeptideen, Petersilie und Mangold (den sie eigentlich selber überhaupt nicht mag, aber trotzdem so gerne anbaut) im Überfluss versorgt.

Fazit: Uns geht es gut!


Marten an der gedeckten Geburtstagstafel in unserer oft erwähnten Küche

Paula verbringt den sonntäglichen Nachmittag auf dem malerischen Zeltplatz

Auf dem Weg zur Teepause
 

Montag, 12. November 2012

Where? Waipawa?


Die „Classic NZ Wine Trail“ führte uns durch die unzähligen Weingärten und die noch fruchtlosen Obstgärten der südlichen Hawkes Bay in ein neues irgendwo im Nichts, Waipawa.
Dort wollten wir zunächst nur für eine Nacht unser Lager aufschlagen, da so ziemlich nichts, abgesehen vom Seniorenbowlingverein und dem Uhrenmuseum, zum Verweilen einlud.
Doch dieses Vorhaben änderte sich schnell, als wir abends mit den einzigen anderen Campingplatzgästen, einem jungen französischen Pärchen,  ins Gespräch kamen und erfuhren, dass die Zwei am nahegelegenen Weinberg arbeiten.
Bis dahin waren wir ja immer noch auf der angestrengten Suche nach Arbeit und hatten eigentlich schon fast die Hoffnung auf eine Anstellung auf der Nordinsel aufgegeben.

Am nächsten Tag machten wir uns gleich auf einen Spaziergang zum „Lime Rock“ Weingut.
In Neuseeland wird man als Fuß- bzw. Spaziergänger immer ein wenig schräg angesehen und gilt als echte Rarität. Kaum ein Neuseeländer geht den Weg zum Supermarkt oder zum Nachbarn zu Fuß.
Dementsprechend hielten einige Autofahrer auf der 6km langen Strecke für uns an und fragten, ob mit uns alles in Ordnung sei und ob sie uns irgendwohin bringen könnten.  
Dass man einen regnerischen Sonntag in Waipawa nicht unbedingt auf dem Campingplatz verbringen möchte, sondern sich eine Beschäftigung sucht und sich bewegt, um warm zu bleiben, konnte keiner nachvollziehen.
Kurz vor dem Ziel, schon regendurchnässt, wurden wir zufälligerweise vom Bruder der Winzerin aufgelesen, der uns auch direkt zu unserer ersten Weinverkostung, zum „Wie werde ich ein Weinkenner“ und zu unserem ersten Jobangebot brachte.
Die Winzerin Rosie begrüßte uns überschwänglich und sehr freundlich, erzählte uns von ihren Bayrischkenntnissen und erklärte uns, wie man bei einer Weinprobe den Geschmack des Weines beschreibt.
Zuerst schwenkt man das Glas, guckt fachmännisch und schnuppert an der Flüssigkeit.
Mithilfe einer auf die jeweilige Weinsorte zugeschnittenen Skala stuft man den Geruch entsprechend ein. Riecht der Wein süß, blumig, holzig, grün oder fruchtig?
Beim Probieren darf man ruhig schmatzen und Grimassen schneiden, um dann zu entscheiden, ob der fruchtige Wein eher tropisch oder nach Gartenobst im Allgemeinen und nach welcher Frucht im Speziellen er nun schmeckt.  
Eine Weinprobe ist extrem bedeutsam und eine hoch ernste Sache.  Trotzdem konnten wir uns ein Grinsen kaum verkneifen.
Den Wein darf man dann nach der Probe ruhig wieder ausspucken, was wir auch taten. Rosie aber nicht. Vielleicht deshalb rief sie sogleich ihren Mann an und verschaffte uns eine Arbeitsstelle an ihrem Weinberg.
Jetzt blicken wir schon auf über eine Woche Arbeit zurück, bei der wir den frühlingsfrischen Wein von überschüssigen Trieben befreien.
Wir sind ein lustiges fünfköpfiges Team, bestehend aus uns beiden, den französischen Weltenbummlern Max und Céline und John, einem echten indischen Kiwi.
Max und Céline singen beim Arbeiten französische Chansons und John erzählt uns von seinen Studienabschlüssen in Weinanbau, die ihm in Neuseeland aber leider auch zu keiner Festanstellung verhelfen konnten.
Wir fünf leben nun also auf dem Campingplatz und verbringen die Abende in der geräumigen Gemeinschaftsküche, dem einzigen Ort, der im Moment trocken ist. Hier kochen und backen wir Marten lacht beim Lesen so laut, dass sich alle Küchenbenutzer darüber freuen.
Manchmal gesellen sich abends auch Campingplatzgäste zu uns, die aber meistens Waipawa nur auf der Durchreise besuchen. Meist sind das ältere Neuseeländer, die sich mit uns immer und immer wieder über das Wetter unterhalten wollen und uns alle berichten, dass die Südinsel noch viel schöner sei als der Norden Neuseelands.
Letzten Freitag allerdings, war hier eine echte Bikergang: Eine Gruppe neuseeländischer Senioren, die sich auf einer mehrtägigen Radtour in Waipawa ausruhten. Auf den ersten Blick wirkte diese Bikergang sehr harmlos. Am Samstagmorgen jedoch mussten wir feststellen, dass unser Joghurt aus dem Kühlschrank fast aufgegessen worden und die Bikergang spurlos verschwunden war…
Bis Weihnachten werden wir nun gemeinsam arbeiten und hoffen, dass auch hier bald der nächtliche Frost, dem Sommer weichen wird.
Heute ist das Wetter aber so ekelhaft, dass wir beschlossen haben, „Mittagskinder“ zu sein.
Nach 5 Stunden Arbeit im Dauerregen haben wir abgebrochen. Schließlich hat Marten am Freitag Geburtstag, und wenn er wegen Schnupfen seinen Geburtstagskuchen nicht schmecken könnte, dann wäre das doch sehr ärgerlich!
An den Wochenenden unternehmen wir Tagestouren. Sowohl Meer als auch Berge, größere Städte und alles Sehenswerte befinden sich in über 50km Entfernung von Waipawa..
Wir sind hier also irgendwo im Nirgendwo, aber trotzdem glücklich, endlich einen Job gefunden zu haben!!

Freitag, 2. November 2012

Willkommen in der Hölle!



Wenn man beschlossen hat, eine Work and Travel-Abenteuerreise zu machen, dann gehören zwei grundlegende Sachen dazu: Das Arbeiten und das Reisen.
Das mit dem Reisen bekommen wir schon ganz gut hin. Selten campieren wir irgendwo länger als zwei Nächte und bekommen so viel zu sehen, dass wir mit dem Berichten gar nicht hinterherkommen.
Das mit dem Arbeiten müssen wir jetzt allerdings auch noch angehen, was jedoch etwas komplizierter zu werden scheint, als wir es uns erhofft hatten.
In Work and Travel-Reiseführern wurde uns empfohlen, sich in der neuseeländischen Kiwi-Hochburg Bay of Plenty auf die Jobsuche zu begeben. Gesagt, getan:
Te Puke (die gefeierte Welt-Kiwi-Hauptstadt, aus der auch unsere guten Zespri-Kiwis stammen) schien schon schadenfroh auf ein paar weitere optimistische Deutsche zu warten, um uns zu verkünden, dass Saisonarbeit dort entweder erst im April beginne, oder wir uns an ein Backpacker-Hostel wenden sollten.
Auch ein neuseeländisches Arbeitsamt hatte keine besseren Vorschläge, war aber eine schöne Milieustudie.
Dass früher oder später alles wieder über ein Hostel laufen wird, haben wir auch schon fast befürchtet, sehen es aber nicht ein, dass die Hälfte unseres frisch verdienten Geldes in eine überteuerte, gammlige Unterkunft investiert werden soll,  wenn wir uns auch (für nicht einmal den halben Preis) auf einen Campingplatz stellen können.
Auch die anderen Deutschen Reisenden, die wir in Te Puke trafen, waren ein wenig irritiert und hielten es für das Klügste, sich weiter südlich zu orientieren.
Wir haben jetzt erst einmal ein paar vorsichtige Anfragen an die Südinsel geschickt, ob dort zwei interessierte, fleißig Deutsche für die Kirschenernte gebraucht werden und hoffen das Beste! Natürlich halten wir auch auf dem Weg dorthin weiter die Augen offen, aber die meisten Farmer haben anscheinend ihre Verträge mit großen Reiseorganisationen geschlossen..
Die Überschrift soll sich allerdings nicht auf die frustrierende Jobsuche beziehen, sondern auf Neuseelands unglaubliche Naturwunder!
Nach dem kurzen Halt in der Bay of Plenty sind wir wieder ins Landesinnere zurück, nach Rotorua gefahren. 
Die Stadt Rotorua liegt mitten in einem Vulkangebiet und wird von Neuseeländern blind an ihrem spezifischen Geruch erkannt: Wir beschreiben ihn als Duft eines deftigen Wursteintopfs mit einer Beilage aus faulen Eiern.
Dass dieser über der ganzen Stadt hängt, wird logisch, wenn man einen kleinen Rundgang macht.
Neben ganz offiziellen Badehäusern und Schwefelquellen findet man hier eigentlich an jeder Ecke kleine dampfende Pfützen und blubbernde Becken, die den Schwefelgeruch in der ganzen Stadt verbreiten.
Am meisten beeindruckt hat uns dort die kleine Maori-Siedlung Ohinemutu. Um eine anglikanische Maori-Kirche herum (in der Jesus als Maori-Häuptling dargestellt ist) fanden wir einen „überirdischen“ Friedhof aus Betonsärgen, da der Boden zu heiß wäre, um in ihm etwas zu vergraben.  Von diesem kochenden Boden profitieren jedoch die Bewohner der Siedlung: Die bescheidenen, kleinen Hütten sind alle mit Fußbodenheizung ausgestattet und der aus dem Boden der Vorgärten aufsteigende Dampf wird gleich zum traditionellen Kochen in Erdöfen genutzt!
So wunderten und wandelten wir durch eine blubbernde, zischende, sprudelnde und dampfende Vorgartenwelt direkt in die Hölle!
Im Zentrum der Stadt nämlich verdichten sich die heißen Pfützen zu richtigen kochenden Seen und Tümpeln, die wir auf Brücken und Stegen bestaunen konnten, so weit das durch die dichten Schwefelschwaden hindurch möglich war. 
Meistens bekommen wir hier ja schon ohne etwas zu bezahlen extrem viel zu Sehen, aber in der Region um Rotorua wurden noch mehr, noch faszinierendere thermale Wunderwelten beworben, die wir uns auf keinen Fall entgehen lassen wollten! Zwischen drei verschiedenen Thermalgebieten entschieden wir uns für das farbenfrohste und vielfältigste – Waiotapu.
Dort brodelt nicht mehr nur einfach Schwefelwasser, die Vulkanlandschaft hat hier noch viel märchenhaftere Becken und Krater entstehen lassen:
-- Blubbernde und platschende Schlammbäder
- Ein 20 Meter hoch spritzender Geysir (dem allerdings unromantischerweise etwas mit Waschpulver nachgeholfen werden muss..)
- 30 Meter tiefe, dampfende Krater
- leuchtend grüne und blaue Seen
- durch Mineralien gefärbte Becken in verschiedensten Farben……..
Einfach unvorstellbar. In all dem Dampf hat uns nur die Wahrnehmung des  stechenden Geruchs auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und uns bestätigt, dass wir uns noch nicht in der Hölle, sondern noch mitten in Neuseeland befinden.
Nach zwei Tagen hatten wir dann aber auch genug Schwefel eingeatmet und sind wieder Richtung Meer gefahren um unsere Lungen zu kurieren.
In der Hawkes Bay haben wir Napier, die erste WIRKLICH nette Stadt, sogar mit Fußgängerzone und Kurstadtatmosphäre, besucht.
Von der Strandpromenade aus konnten wir einen ersten Blick auf unser Wanderziel für den nächsten Tag werfen: Das Cape Kidnappers.
Von unserem Campingplatz aus konnte man bei Ebbe eine 18km lange Wanderung zum Kap machen, um auf steilen Felsterrassen eine noch größere Tölpelkolonie als in Muriwai Beach zu beobachten.
Als echte Ornithologen durften wir uns das Highlight natürlich nicht entgehen lassen und genossen bei 27°C (Ja, hier beginnt jetzt vielleicht so langsam wirklich der Sommer!) größtenteils barfuß die Wanderung am Strand.
Leider wird die ganze Romantik des Strandes und der Felsen hier oft zerstört, weil der Strand rechtlich gesehen nichts anderes als eine Straße ist. Das heißt, laute und stinkende Quads, sowie Traktor-Touren dürfen ungehindert am Strand entlang fahren und Wanderer und Vögel erschrecken.
Aber mit Kiwifrucht-Power konnten wir die Wanderung noch vor der Flut und vor allem vor dem überladenen Traktor beenden.
Marten hat jetzt zwar schöne rote Hobbitfüße, aber die dürften sich in den nächsten Tagen gut regenerieren, denn hier ziehen schon wieder ein paar dicke Regenwolken auf und auch wir ziehen mit unserem Auto weiter in Richtung Süden. 

Am Tor zur Hölle in Rotorua

Im thermalen Wunderland Waiotapu

Der Hobbit in Schwefelschwaden

Der prickelnde Champagner Pool

Marten wandert an den Tölpeln entlang zum Cape Kidnappers

Paula bummelt

Cape Kidnappers mit Tölpelkolonie

Montag, 29. Oktober 2012

Zwischenstopp Hobbiton



In Hamilton wurden wir sehr herzlich von Anne und ihrer Familie empfangen. Wir haben uns sofort wie Zuhause angekommen gefühlt. Es gab viel zu erzählen und zur Begrüßung ein sehr leckeres Essen. Wir haben uns in den drei darauffolgenden Tagen, wie beim perfekten Dinner, gegenseitig bekocht. Nun kennen wir auch das neuseeländische National-Dessert: Pavlova, eine Bombe aus Baiser, Sahne und frischem Obst!
Es war sehr schön nach zweieinhalb Wochen Dauerfrieren mal wieder ein schützendes Dach über dem Kopf zu haben und ein warmes Zimmer zum Schlafen.
Aber vielleicht zu früh gefreut? In Neuseeland haben die Häuser keine Heizungen, schon gar keinen eventuell isolierenden Keller, also ist es im Haus meist noch kälter als draußen. Doch bei Anne gab es eine extra für uns bereitgestellte kleine Elektroheizung, die uns wieder Hoffnung schenkte.
Hamilton ist eine Stadt, die, wie es im Reiseführer heißt, gerade sehr aufblüht. Es gibt eine große Universität, viele Studenten, viele bunte Läden, Cafés, Museen, Stadtleben und sogar einen historischen Stadtkern.
Und Tatsächlich – beim Flanieren durch die Stadt wurden wir entgegen aller Voreingenommenheit angenehm überrascht.
Eine sehr kurzweilige Woche hatte begonnen.
Am nächsten Tag machten wir uns zu den Hamilton Gardens auf – „der grünen Lunge der Stadt“- diese gönnt man sich nach einem Stadtbesuch doch recht gerne mal, da durch alle größeren Städte auch die großen Motorways des Landes führen und in Neuseeland noch nicht allzu viel von Abgasreinigung gehalten wird.
Auf dem Weg dorthin, lernten wir wieder einen neuen netten Neuseeländer kennen, der panisch auf uns zu rannte und erzählte, dass sein Auto liegen geblieben ist, er sein Handy vergessen hat und ihm auch keine Nummern mehr einfallen, die er anrufen könnte.
Er brauchte also unser Handy und einen guten Rat. Nachdem wir ihn fragten, ob er uns ausrauben wolle und er verneinte, begannen seine Telefonate mit Polizei und Abschleppdienst, die aber zu keinem Erfolg führten. Im Gespräch mit uns viel ihm aber plötzlich doch wieder ein, dass sein Tank schon ziemlich leer gewesen war..
Die Hamilton Gardens sind wunderschön arrangiert. Beim Schlendern durch sie hindurch kann man alle Kontinente bereisen. Aber dadurch, dass es in Neuseeland eigentlich immer verhältnismäßig mild ist (jedenfalls gibt’s keinen permanenten Bodenfrost) und es eigentlich ständig regnet ist es keine große Kunst, Pflanzen wachsen zu lassen, wie man ja am Rest des Landes sieht.
Nach drei Übernachtungen in Hamilton machten wir uns auf den Weg nach Hobbiton (im Deutschen Hobbingen), eigentlich Matamata, das wohl vor den „Herr der Ringe“- und den „Hobbit“- Verfilmungen auch nur ein kleines Kaff war, in welches sich nur selten ein paar Rucksackdeutsche verirrten.
Auf dem Weg dorthin hatten wir eine recht hügelfreie Strecke, auf der es uns eigentlich zum ersten Mal möglich war ungestört die neuseeländische Radiovielfalt zu genießen, die uns schnell  dazu brachte das Radio wieder auszustellen, weil hier nun scheinbar endlich die 90er Jahre angekommen sind.
Man benötigt  aber auch nicht unbedingt ablenkende Musik, um sich besser darauf konzentrieren zu können, keines der vielen überfahren Opossums noch einmal zu überfahren.
Opossums-Überfahren ist hier Volkssport, auch bekommen schon die kleinsten Kiwis in Kinderliedern beigebracht, das „böse Opossum“ auszuschimpfen und nicht gern zu haben. Was wir uns gar nicht nachvollziehen können, da wir denken dass diese Tierchen lebendig eigentlich ganz niedlich sein müssten.
Kurz vor Matamata wird das Movieset auf vielen Schildern ausgewiesen und auf der Straße dorthin fühlt man sich wirklich wie in das beschauliche, hügelige, schafige Auenland versetzt.
In der Eingangshalle zur Hobbitwelt haben wir dann erfahren, man könne sich für den schmalen Taler (66$ pro Person) eine Stunde lang in einen Reisebus setzen, um dann zusammen mit einer japanischen Reisegruppe eine halbe Stunde lang Bilder von den (mit stilechten Metallzäunen umgebenen) Hobbithöhlen zu machen. – Wir haben uns dann doch für ein ausführlich kartographiertes Buch entschieden, das alle Drehorte in ganz Neuseeland zeigt und zusätzlich noch von „Ian Brodie“ (Wer auch immer das sein mag…) handsigniert wurde.
Eine weitere Empfehlung von Anne führte uns zu den am Fuße eines Vulkanmassivs gelegenen „Opal Springs“, einem kleinen Thermalgebiet, in dem man natürlich auch mal wieder zu einem sehenswerten Wasserfall wandern kann.
Opal Springs bot uns eine ganz neue Art von Camp Site, die wir auch sofort zu unserer bisher liebsten Übernachtungsmöglichkeit gemacht haben. Auf dem Campinggelände gibt es Mineralbecken mit Temperaturen von 30°C-42°C, in denen sich der ohnehin schon total erschöpfte Reisende nach Belieben weichkochen lassen kann.
Den Waiwere- Wasserfall haben wir uns natürlich auch nicht entgehen lassen. Eine Zwei- Etappen-Wanderung, die zuerst neun Kilometer entlang einer typischen neuseeländischen Präriestraße (menschen- und fahrzeugleer) zu einem Parkplatz führte und dann noch einmal zwei Kilometer, gefühlter Höhenunterschied, durch den Dschungel  zu einem wirklich atemberaubenden Wasserfall.
Am Ende des Tages blickten wir dann auf unsere 22 Kilometer lange Tour zurück, aber als wir gerade auf dem Weg waren die doch recht erschöpften Beine im heißen Becken zu entspannen, machte uns das Auto erst einmal einen Strich durch die Rechnung:
Die fachmännisch nachgerüstete Alarmanlage zog mit seiner lauten Sirene schnell die bösen Blicke der eigentlich immer freundlichen Campingnachbarn an und brachte uns in eine überfordernde, unbehagliche Situation, die sich leider nicht mal mit dem Fahrzeugschlüssel beheben ließ.
Nachdem ich die Batterie abklemmte und mit meinem Taschenmesser das halbe Auto auseinander baute um die Alarmanlage ganz außer Betrieb zu nehmen stand unserer Entspannung endlich auch nichts mehr im Weg…

Der Maori-Garten in Hamilton Gardens. Die Statue ist unzensiert, woran man sieht, dass sie von nicht-missionierten Maori stammt. In Maori-Kirchen sind alle Schnitzereien zensiert.

Hier kann man sich in den Shuttlebus nach Hobbingen setzen..

Ein Mann, ein Buch, Hobbingen

Paula sortiert unser Essen und unseren Müll... Eine Plastikwirtschaft! Mülltrennung wird hier meist nur sehr sporadisch durchgesetzt.


lauschiger Wald auf dem Weg zu den Wairere Falls

Ebenso die Wanderung zu den Wairere Falls

Kaputt und glücklich vor den Wairere Falls