Montag, 12. November 2012

Where? Waipawa?


Die „Classic NZ Wine Trail“ führte uns durch die unzähligen Weingärten und die noch fruchtlosen Obstgärten der südlichen Hawkes Bay in ein neues irgendwo im Nichts, Waipawa.
Dort wollten wir zunächst nur für eine Nacht unser Lager aufschlagen, da so ziemlich nichts, abgesehen vom Seniorenbowlingverein und dem Uhrenmuseum, zum Verweilen einlud.
Doch dieses Vorhaben änderte sich schnell, als wir abends mit den einzigen anderen Campingplatzgästen, einem jungen französischen Pärchen,  ins Gespräch kamen und erfuhren, dass die Zwei am nahegelegenen Weinberg arbeiten.
Bis dahin waren wir ja immer noch auf der angestrengten Suche nach Arbeit und hatten eigentlich schon fast die Hoffnung auf eine Anstellung auf der Nordinsel aufgegeben.

Am nächsten Tag machten wir uns gleich auf einen Spaziergang zum „Lime Rock“ Weingut.
In Neuseeland wird man als Fuß- bzw. Spaziergänger immer ein wenig schräg angesehen und gilt als echte Rarität. Kaum ein Neuseeländer geht den Weg zum Supermarkt oder zum Nachbarn zu Fuß.
Dementsprechend hielten einige Autofahrer auf der 6km langen Strecke für uns an und fragten, ob mit uns alles in Ordnung sei und ob sie uns irgendwohin bringen könnten.  
Dass man einen regnerischen Sonntag in Waipawa nicht unbedingt auf dem Campingplatz verbringen möchte, sondern sich eine Beschäftigung sucht und sich bewegt, um warm zu bleiben, konnte keiner nachvollziehen.
Kurz vor dem Ziel, schon regendurchnässt, wurden wir zufälligerweise vom Bruder der Winzerin aufgelesen, der uns auch direkt zu unserer ersten Weinverkostung, zum „Wie werde ich ein Weinkenner“ und zu unserem ersten Jobangebot brachte.
Die Winzerin Rosie begrüßte uns überschwänglich und sehr freundlich, erzählte uns von ihren Bayrischkenntnissen und erklärte uns, wie man bei einer Weinprobe den Geschmack des Weines beschreibt.
Zuerst schwenkt man das Glas, guckt fachmännisch und schnuppert an der Flüssigkeit.
Mithilfe einer auf die jeweilige Weinsorte zugeschnittenen Skala stuft man den Geruch entsprechend ein. Riecht der Wein süß, blumig, holzig, grün oder fruchtig?
Beim Probieren darf man ruhig schmatzen und Grimassen schneiden, um dann zu entscheiden, ob der fruchtige Wein eher tropisch oder nach Gartenobst im Allgemeinen und nach welcher Frucht im Speziellen er nun schmeckt.  
Eine Weinprobe ist extrem bedeutsam und eine hoch ernste Sache.  Trotzdem konnten wir uns ein Grinsen kaum verkneifen.
Den Wein darf man dann nach der Probe ruhig wieder ausspucken, was wir auch taten. Rosie aber nicht. Vielleicht deshalb rief sie sogleich ihren Mann an und verschaffte uns eine Arbeitsstelle an ihrem Weinberg.
Jetzt blicken wir schon auf über eine Woche Arbeit zurück, bei der wir den frühlingsfrischen Wein von überschüssigen Trieben befreien.
Wir sind ein lustiges fünfköpfiges Team, bestehend aus uns beiden, den französischen Weltenbummlern Max und Céline und John, einem echten indischen Kiwi.
Max und Céline singen beim Arbeiten französische Chansons und John erzählt uns von seinen Studienabschlüssen in Weinanbau, die ihm in Neuseeland aber leider auch zu keiner Festanstellung verhelfen konnten.
Wir fünf leben nun also auf dem Campingplatz und verbringen die Abende in der geräumigen Gemeinschaftsküche, dem einzigen Ort, der im Moment trocken ist. Hier kochen und backen wir Marten lacht beim Lesen so laut, dass sich alle Küchenbenutzer darüber freuen.
Manchmal gesellen sich abends auch Campingplatzgäste zu uns, die aber meistens Waipawa nur auf der Durchreise besuchen. Meist sind das ältere Neuseeländer, die sich mit uns immer und immer wieder über das Wetter unterhalten wollen und uns alle berichten, dass die Südinsel noch viel schöner sei als der Norden Neuseelands.
Letzten Freitag allerdings, war hier eine echte Bikergang: Eine Gruppe neuseeländischer Senioren, die sich auf einer mehrtägigen Radtour in Waipawa ausruhten. Auf den ersten Blick wirkte diese Bikergang sehr harmlos. Am Samstagmorgen jedoch mussten wir feststellen, dass unser Joghurt aus dem Kühlschrank fast aufgegessen worden und die Bikergang spurlos verschwunden war…
Bis Weihnachten werden wir nun gemeinsam arbeiten und hoffen, dass auch hier bald der nächtliche Frost, dem Sommer weichen wird.
Heute ist das Wetter aber so ekelhaft, dass wir beschlossen haben, „Mittagskinder“ zu sein.
Nach 5 Stunden Arbeit im Dauerregen haben wir abgebrochen. Schließlich hat Marten am Freitag Geburtstag, und wenn er wegen Schnupfen seinen Geburtstagskuchen nicht schmecken könnte, dann wäre das doch sehr ärgerlich!
An den Wochenenden unternehmen wir Tagestouren. Sowohl Meer als auch Berge, größere Städte und alles Sehenswerte befinden sich in über 50km Entfernung von Waipawa..
Wir sind hier also irgendwo im Nirgendwo, aber trotzdem glücklich, endlich einen Job gefunden zu haben!!

1 Kommentar:

  1. Lieber Marten,

    ich wünsche dir alles, alles Gute zum Geburtstag! Ich frage mich, was du gerade machst? Kuchen essen? Im Weinberg arbeiten, dich mit Leuten unterhalten? Nach meinen Berechnungen müsste es eigentlich schon Abend sein --> also nichts mehr mit arbeiten. Wohl doch eher anstoßen mit echtem neuseeländischem Wein aus eigenem Anbau.

    Liebe Paula, dir auch alles Gute. Mir ist bewusst, dass du zu kurz gekommen bist. Im nächsten Kommentar kann ich das hoffentlich wieder kompensieren!

    Seid beide ganz lieb umarmt!

    Richi

    P.S.: News aus Freiburg: ich lerne gerade stricken...sehr entspannend!

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