Die Empfehlung Sarndras machte uns das kleine Fischerdörfchen
Moeraki zum ersten Zwischenstopp, nachdem wir Dunedin verlassen hatten. Dort
sollte es den vielleicht besten tagesfrischen oder geräucherten Fisch der
Südinsel geben. In unseren Köpfen entstand das Bild eines beschaulichen netten
Hafens, an dem es an kleinen Ständen den einen oder anderen Leckerbissen zu
erstehen gibt. Diese Vorstellung hat sich leider nicht verwirklicht, am
nächsten Tag erfuhren wir auch weshalb. Vor einiger Zeit kenterte ein Maoriahne,
nachdem er mit seinen reichlich gefüllten Vorratskörben vom Tagesfang den
Rückweg antrat. Dabei fiel der gesamte Fang ins Wasser und wurde zu Stein.
Heute sind diese riesigen, runden tonnenschweren Steine,
bekannt als Moeraki Boulders, überall auf dem Strand zu bestaunen. Im
Eigentlichen erinnern diese eher an überdimensionierte Kanonenkugeln, als an
versteinerte Nahrung. Für uns war der Fisch, weswegen wir eigentlich diesen Ort
ansteuerten, schnell vergessen, nach dem gebotenen tollen Anblick und dem Spaß,
die kleine Paula zu beobachten, wie sie versuchte, die bis zu vier Meter
breiten Kolosse zu erklimmen.
(Die wissenschaftliche Erklärung der Boulders hingegen
erscheint weniger anschaulich. Demnach trug es sich zu, dass sich vor mehreren Millionen
Jahren am Meeresgrund Kalksalze um organische, feste Substanzen
kristallisierten. Als sich der Meeresboden hob, gelangten diese mit an die
Oberfläche und wurden von der brausenden Brandung freigewaschen.)
Fährt man die Westküste der neuseeländischen Südinsel
entlang, werden in den meisten Städten und deren Souvenirläden Jadesteine zum
Erwerb angeboten. Fährt man die östliche Küste der Südinsel Neuseelands
entlang, findet man vieler Orts ähnliche Souvenirläden, nur mit dem
Unterschied, dass diese vordergründig den Verkauf von „Paua-Shells“,
perlmuttbunt gezeichnete Muscheln, betreiben.
Unsere selbstorganisierten Jadestein-Suchaktionen verliefen
leider nie ertragreich, weshalb wir auch keinen sonderlich konkurrenzfähigen
Laden auf der Westseite führen könnten. Ein abendlicher Strandspaziergang, nahe
dem kolonialen Städtchen Oamaru, auf der anderen Seite der Insel, machte uns
allerdings zu erfahrenen Muschelsammlern. So dachten wir noch einmal kurz über
eine Geschäftsfähigkeit nach…
Auf dem Weg durch die Vororte der zweitgrößten
neuseeländischen Stadt, Christchurch, reiht sich eine Fabrik an die nächste.
Auf einmal begannen unsere Herzen instinktiv schneller zu schlagen und wir
wussten gar nicht was mit uns passierte, bis eine namenhafte Keksfabrik die
scheinbare Ursache offenbarte. Diese warb mit ihrem 30. Geburtstag und
(ver)führte uns mit ihrem Werksverkauf hinter die lecker bedruckten Türen ihres
Knusperhäuschens.
Doch bei solch einer perfekt inszenierten Werbung für
schmackhafte Produkte ist besondere Vorsicht geboten. Viermal größer als im
Supermarkt waren die schweren Gebäckpackungen. Dass der Preis dabei fünfmal so
hoch war, fiel uns scheinbar als Einzigen auf. Jedenfalls hielt dies die festen
Kiwi-Großmütter nicht davon ab, die Regale zu plündern, bis sie versuchten ihre
überfüllten Einkaufswägen in Richtung Kasse zu manövrieren.
In Christchurch angekommen fanden wir im belebten Stadtteil
Riccarton einen Zeltplatz nahe dem Stadtzentrum, wo wir die nächsten zwei
Nächte verbringen wollten. Die mit Gittern verbarrikadierte Rezeption und die
mit Lenkradkrallen gesicherten Fahrzeuge, die davor standen wirkten nicht
besonders anheimelnd. Die Hauptbewohner, vor allem Maurer, Maler, Gerüstbauer,
Dachdecker, dieses dadurch ziemlich überfüllten „Holiday Parks“ standen dem in
nichts nach. Sie wirkten mit ihren grimmigen Mienen ziemlich beängstigend und
bedienten mit ihren Manieren auch jegliches abgedroschene Klischee. Diese haben
sich dort für die Arbeit in der Stadt niedergelassen, weil Betten in der Stadt
seit dem Erdbeben vom 22. Februar 2011 ein rares Gut sind.
Wir machten uns also für den anstehenden Besuch Christchurchs
auf das Schlimmste gefasst…
Der erste Eindruck der Stadt wirkte jedoch nicht besonders
erdrückend, da wir auch schon neuseeländische Städte besuchten, in denen noch
mehr Geschäfte geschlossen waren. Wir sahen zwar einige mit Stahlkonstruktionen
gestützte Bauwerke, aber im Grunde genommen wirkte es auf uns mit den vielen viktorianischen
Gebäude und verschnörkelte Brücken, die erst um 1900 fertiggestellt wurden,
aber den Anschein erweckten viel älter zu sein, wie eine gewöhnliche Stadt mit
britischem Charme, in der auch die betagten, roten, Londoner Doppeldeckerbusse
nicht fehlen.
Als wir jedoch das Stadtzentrum erreichten, falls man diesen
auf der Stadtkarte rot markierten Bereich noch als solches bezeichnen kann,
konnten wir das Ausmaß der einstigen Zerstörung durch das Erdbeben im vollen
Umfang erschreckend wahrnehmen.
Sämtliche Straßenzüge waren abgesperrt, Bauten zum Teil
eingestürzt und es gab viele leere Plätze auf denen wohl mal Häuser standen. Allerdings
läuft das Leben der Christchurcher offenbar nicht allzu traumatisiert und traurig
ab, weil überall fleißig gebaut wird und die Stadtplanungen offen ausgestellt
sind. Selbst mit einer buchbaren Bustour oder romantisch in einer Gondel übers
Bächlein, durch die Trümmer der Innenstadt, lässt sich hier noch ein bisschen
Profit herausschlagen. Ebenso gibt es eine provisorische Einkaufsstraße mit
einigen Modeboutiquen, Bücher- und Ramschläden, die sich in aufeinander gestapelten,
buntdekorierten Frachtcontainern wiederfinden. (Das muss man dem Kiwi lassen,
er verzweifelt nicht, sondern denkt sich etwas Lukratives zu gegebenen
Umständen aus.)
Etwas Essbares fanden wir im Stadtzentrum nicht,
dementsprechend nahmen wir im neu errichteten, größten Einkaufszentrum des
Landes, mit Sushi und McDonalds Burger vorlieb.
Der Museumsbesuch durfte natürlicherweise auch in
Christchurch nicht fehlen. Dadurch, dass eigentlich nur noch zwei nennenswerte
größere Museen geöffnet hatten, fiel uns die Suche nicht allzu schwer.
Besonders angetan waren wir vom Besuch des Canterbury Museums, welches sich
nahe des botanischen Garten, an einem großflächigen Park befindet. In diesem ältlich
wirkenden prunkvollen Gebäude ist ein kleines Häuschen errichtet, in dem die Räume
mit geschliffenen, hochpolierten Paua-Shells so voll gehängt sind, dass man die
eigentlichen Wände dahinter nur noch erahnen kann. Wir erfuhren in einem kurzen
witzigen Videofilm, dass dieses Häuschen
ein Replikat eines Gebäudes aus dem (von uns schon besuchten) südlichen Ort
Bluff ist, in dem es sich ein Ehepaar zur Aufgabe machte, über viele Jahre
Millionen von Besuchern, ihre mühevoll gesammelten und liebevoll präparierten Muscheln
zur Schau zu stellen. Da wir so nicht enden wollten begruben wir die Überlegung
endgültig, einen Souvenirladen zu eröffnen.
Ein zweiter Museumsbesuch führte uns in Air Force Museum, wo
der Name wirklich Programm war. Es wurden auf sehr patriotische Art die bedeutendsten
Bomber- und Jagdflugzeuge der britischen und neuseeländischen Kriegsgeschichte
präsentiert.
Sobald man vor einem Exponat stehen blieb, eilten auch schon
die mit Orden behangenen Veteranen auf uns zu, schlugen mir vor mich nach einem
Friseurbesuch zu rekrutieren und ließen erst wieder von mir ab, als sie
erfuhren, welcher Nationalität ich angehöre.
Jetzt haben wir schon die Fährtickets gebucht, um nach
anderthalb Monaten auf der Südinsel wieder zurück auf die Nordinsel überzusetzen.
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Die Moeraki Boulders |
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Nach einem komplizierten Aufstieg endlich auf dem Gipfel angekommen |
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Baron Münchhausen.. |
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..oder Krümelmonster? |
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gruselig leeres Christchurch |
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Die zerstörte Kathedrale von Christchurch |
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Christchurchs Container-Einkaufsmeile |
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