Donnerstag, 14. Februar 2013

Neuseeländische Geschäftsideen



Die Empfehlung Sarndras machte uns das kleine Fischerdörfchen Moeraki zum ersten Zwischenstopp, nachdem wir Dunedin verlassen hatten. Dort sollte es den vielleicht besten tagesfrischen oder geräucherten Fisch der Südinsel geben. In unseren Köpfen entstand das Bild eines beschaulichen netten Hafens, an dem es an kleinen Ständen den einen oder anderen Leckerbissen zu erstehen gibt. Diese Vorstellung hat sich leider nicht verwirklicht, am nächsten Tag erfuhren wir auch weshalb. Vor einiger Zeit kenterte ein Maoriahne, nachdem er mit seinen reichlich gefüllten Vorratskörben vom Tagesfang den Rückweg antrat. Dabei fiel der gesamte Fang ins Wasser und wurde zu Stein.
Heute sind diese riesigen, runden tonnenschweren Steine, bekannt als Moeraki Boulders, überall auf dem Strand zu bestaunen. Im Eigentlichen erinnern diese eher an überdimensionierte Kanonenkugeln, als an versteinerte Nahrung. Für uns war der Fisch, weswegen wir eigentlich diesen Ort ansteuerten, schnell vergessen, nach dem gebotenen tollen Anblick und dem Spaß, die kleine Paula zu beobachten, wie sie versuchte, die bis zu vier Meter breiten Kolosse zu erklimmen.

(Die wissenschaftliche Erklärung der Boulders hingegen erscheint weniger anschaulich. Demnach trug es sich zu, dass sich vor mehreren Millionen Jahren am Meeresgrund Kalksalze um organische, feste Substanzen kristallisierten. Als sich der Meeresboden hob, gelangten diese mit an die Oberfläche und wurden von der brausenden Brandung freigewaschen.)

Fährt man die Westküste der neuseeländischen Südinsel entlang, werden in den meisten Städten und deren Souvenirläden Jadesteine zum Erwerb angeboten. Fährt man die östliche Küste der Südinsel Neuseelands entlang, findet man vieler Orts ähnliche Souvenirläden, nur mit dem Unterschied, dass diese vordergründig den Verkauf von „Paua-Shells“, perlmuttbunt gezeichnete Muscheln, betreiben.
Unsere selbstorganisierten Jadestein-Suchaktionen verliefen leider nie ertragreich, weshalb wir auch keinen sonderlich konkurrenzfähigen Laden auf der Westseite führen könnten. Ein abendlicher Strandspaziergang, nahe dem kolonialen Städtchen Oamaru, auf der anderen Seite der Insel, machte uns allerdings zu erfahrenen Muschelsammlern. So dachten wir noch einmal kurz über eine Geschäftsfähigkeit nach…

Auf dem Weg durch die Vororte der zweitgrößten neuseeländischen Stadt, Christchurch, reiht sich eine Fabrik an die nächste. Auf einmal begannen unsere Herzen instinktiv schneller zu schlagen und wir wussten gar nicht was mit uns passierte, bis eine namenhafte Keksfabrik die scheinbare Ursache offenbarte. Diese warb mit ihrem 30. Geburtstag und (ver)führte uns mit ihrem Werksverkauf hinter die lecker bedruckten Türen ihres Knusperhäuschens.
Doch bei solch einer perfekt inszenierten Werbung für schmackhafte Produkte ist besondere Vorsicht geboten. Viermal größer als im Supermarkt waren die schweren Gebäckpackungen. Dass der Preis dabei fünfmal so hoch war, fiel uns scheinbar als Einzigen auf. Jedenfalls hielt dies die festen Kiwi-Großmütter nicht davon ab, die Regale zu plündern, bis sie versuchten ihre überfüllten Einkaufswägen in Richtung Kasse zu manövrieren. 
In Christchurch angekommen fanden wir im belebten Stadtteil Riccarton einen Zeltplatz nahe dem Stadtzentrum, wo wir die nächsten zwei Nächte verbringen wollten. Die mit Gittern verbarrikadierte Rezeption und die mit Lenkradkrallen gesicherten Fahrzeuge, die davor standen wirkten nicht besonders anheimelnd. Die Hauptbewohner, vor allem Maurer, Maler, Gerüstbauer, Dachdecker, dieses dadurch ziemlich überfüllten „Holiday Parks“ standen dem in nichts nach. Sie wirkten mit ihren grimmigen Mienen ziemlich beängstigend und bedienten mit ihren Manieren auch jegliches abgedroschene Klischee. Diese haben sich dort für die Arbeit in der Stadt niedergelassen, weil Betten in der Stadt seit dem Erdbeben vom 22. Februar 2011 ein rares Gut sind.
Wir machten uns also für den anstehenden Besuch Christchurchs auf das Schlimmste gefasst…
Der erste Eindruck der Stadt wirkte jedoch nicht besonders erdrückend, da wir auch schon neuseeländische Städte besuchten, in denen noch mehr Geschäfte geschlossen waren. Wir sahen zwar einige mit Stahlkonstruktionen gestützte Bauwerke, aber im Grunde genommen wirkte es auf uns mit den vielen viktorianischen Gebäude und verschnörkelte Brücken, die erst um 1900 fertiggestellt wurden, aber den Anschein erweckten viel älter zu sein, wie eine gewöhnliche Stadt mit britischem Charme, in der auch die betagten, roten, Londoner Doppeldeckerbusse nicht fehlen.
Als wir jedoch das Stadtzentrum erreichten, falls man diesen auf der Stadtkarte rot markierten Bereich noch als solches bezeichnen kann, konnten wir das Ausmaß der einstigen Zerstörung durch das Erdbeben im vollen Umfang erschreckend wahrnehmen.
Sämtliche Straßenzüge waren abgesperrt, Bauten zum Teil eingestürzt und es gab viele leere Plätze auf denen wohl mal Häuser standen. Allerdings läuft das Leben der Christchurcher offenbar nicht allzu traumatisiert und traurig ab, weil überall fleißig gebaut wird und die Stadtplanungen offen ausgestellt sind. Selbst mit einer buchbaren Bustour oder romantisch in einer Gondel übers Bächlein, durch die Trümmer der Innenstadt, lässt sich hier noch ein bisschen Profit herausschlagen. Ebenso gibt es eine provisorische Einkaufsstraße mit einigen Modeboutiquen, Bücher- und Ramschläden, die sich in aufeinander gestapelten, buntdekorierten Frachtcontainern wiederfinden. (Das muss man dem Kiwi lassen, er verzweifelt nicht, sondern denkt sich etwas Lukratives zu gegebenen Umständen aus.)
Etwas Essbares fanden wir im Stadtzentrum nicht, dementsprechend nahmen wir im neu errichteten, größten Einkaufszentrum des Landes, mit Sushi und McDonalds Burger vorlieb.

Der Museumsbesuch durfte natürlicherweise auch in Christchurch nicht fehlen. Dadurch, dass eigentlich nur noch zwei nennenswerte größere Museen geöffnet hatten, fiel uns die Suche nicht allzu schwer. Besonders angetan waren wir vom Besuch des Canterbury Museums, welches sich nahe des botanischen Garten, an einem großflächigen Park befindet. In diesem ältlich wirkenden prunkvollen Gebäude ist ein kleines Häuschen errichtet, in dem die Räume mit geschliffenen, hochpolierten Paua-Shells so voll gehängt sind, dass man die eigentlichen Wände dahinter nur noch erahnen kann. Wir erfuhren in einem kurzen witzigen Videofilm,  dass dieses Häuschen ein Replikat eines Gebäudes aus dem (von uns schon besuchten) südlichen Ort Bluff ist, in dem es sich ein Ehepaar zur Aufgabe machte, über viele Jahre Millionen von Besuchern, ihre mühevoll gesammelten und liebevoll präparierten Muscheln zur Schau zu stellen. Da wir so nicht enden wollten begruben wir die Überlegung endgültig, einen Souvenirladen zu eröffnen.
Ein zweiter Museumsbesuch führte uns in Air Force Museum, wo der Name wirklich Programm war. Es wurden auf sehr patriotische Art die bedeutendsten Bomber- und Jagdflugzeuge der britischen und neuseeländischen Kriegsgeschichte präsentiert.
Sobald man vor einem Exponat stehen blieb, eilten auch schon die mit Orden behangenen Veteranen auf uns zu, schlugen mir vor mich nach einem Friseurbesuch zu rekrutieren und ließen erst wieder von mir ab, als sie erfuhren, welcher Nationalität ich angehöre.

Jetzt haben wir schon die Fährtickets gebucht, um nach anderthalb Monaten auf der Südinsel wieder zurück auf die Nordinsel überzusetzen.

Die Moeraki Boulders

Nach einem komplizierten Aufstieg endlich auf dem Gipfel angekommen

Baron Münchhausen..

..oder Krümelmonster?

gruselig leeres Christchurch

Die zerstörte Kathedrale von Christchurch

Christchurchs Container-Einkaufsmeile

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